Waldorfbeteiligung beim Bildungsdialog für Deutschland

Waldorf beteiligt sich am Bildungsdialog für Deutschland. #NeustartBildungJetzt, eine zivilgesellschaftliche Initiative, hat 2023/24 zur Lösung der Herausforderungen im Bildungssystem den Bildungsdialog für Deutschland gegründet. Von Beginn an mit dabei: der Bund der Freien Waldorfschulen.

Der Bildungsdialog für Deutschland

Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger von der FDP hat am 14. März 2023 in Berlin zu einem Bildungsgipfel eingeladen. Bereits im Vorfeld hatten rund 50 Stiftungen, Verbände und Gewerkschaften an die Politik appelliert, im Bildungswesen einen grundlegenden Reformprozess einzuleiten. Dass von einem großen Bildungsgipfel am Ende nur eine 3 stündige Veranstaltung mit geringerer Beteiligung der Bildungsminister*innen der Länder blieb, sorgte bereits im Vorfeld für Kritik von mehreren Seiten.

Der Appell wurde initiiert von der Bertelsmann Stiftung, der Telekom Stiftung, der Karg-Stiftung, der Robert Bosch Stiftung, der Vodafone Stiftung und der Wübben Stiftung. Nach dem Bildungsgipfel schlossen sich weitere Organisationen den bereits rund 50 Unterstützer*innen an. Aus diesem Kreis bildete sich eine Arbeitsgruppe, bestehend aus 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie tagten zwischen September 2023 und März 2024 und erarbeiteten das Konzept für den Bildungsdialog für Deutschland. Das Konzept wurde im Mai 2024 vorgestellt und ist über die Webseite neustart-bildung-jetzt.de einsehbar. Auszug aus der Pressemitteilung:

“Der Grundgedanke des Konzepts ist Kooperation – sowohl zwischen den unterschiedlichen politischen Ebenen und Ressorts, als auch zwischen Politik und Zivilgesellschaft. Die hinter dem „Bildungsdialog für Deutschland“ stehenden Organisationen sind bereit, ihre jeweiligen Kompetenzen und Erfahrungen aktiv in den Reformprozess einzubringen, um die Politik bestmöglich zu unterstützen und ganzheitliche Lösungen zu finden. Diese neuartige Zusammenarbeit von Bildungspraxis, Wissenschaft und Zivilgesellschaft mit der Politik kann nach Ansicht der Initiator:innen die nötige Kraft und Dynamik entfalten, um das Bildungssystem in Gänze zukunftsfest zu machen.”1

Das Konzept beinhalte keine inhaltlichen Vorschläge, sondern konzentriere sich auf den Dialogprozess und dessen Gestaltung. Es solle sich für Handlungsfelder entschieden werden. Fachforen sollen die inhaltlichen Vorschläge erarbeiten. Dies solle unter Einbeziehung der Wissenschaft erfolgen. Bereits kurz nach Veröffentlichung des Konzeptes erklärte die Kultusministerkonferenz ihre Bereitschaft zur Beteiligung.

Beteiligung vom Bund der Freien Waldorfschulen

Eine Liste der 30 Organisationen der Arbeitsgruppe ist auf der Webseite der Initiative2 einsehbar. Darunter auch der Bund der Freien Waldorfschulen (BdFW). Auf seiner Webseite schreibt der BdFW dazu3:

Waldorfschulen sind Mitgestalter am ‘Bildungsdialog für Deutschland’”

Hans Hutzel, Vorstandsmitglied im BdFW sagt:

“Es braucht einen langen Atem und einen fachlichen Dialogprozess. Wir sind froh, hier eine Plattform gefunden zu haben, die das leisten kann, und in der Bildungspraktiker:innen und Forschende, verschiedene Träger und politische Ebenen sich beteiligen. Wir erhoffen uns viel und werden unsere Perspektiven in den Dialog weiterhin aktiv einbringen.”

Der Bund der Freien Waldorfschulen hat also am Konzept für den Bildungsdialog für Deutschland mitgearbeitet. Beim Bildungsdialog für Deutschland geht es um die Zukunft der Bildung. Und der Bund der Freien Waldorfschulen möchte diese Zukunft mitgestalten.

Meine Kritik an der Waldorf-Beteiligung beim Bildungsdialog für Deutschland

Ich kritisiere die Anthroposophie und damit auch die Waldorfpädagogik. Dass die anthroposophische Kampagne “Bildschirmfrei bis 3” mittlerweile in einem großen Teil der kinderärztlichen Praxen aushängt und mittels Sticker Einzug in viele U-Hefte von Kindern findet, sehe ich kritisch. Ebenso die S2K-Leitlinie zur Mediennutzung von Kindern, welche unter der Koordination der anthroposophischen Universität Witten/ Herdecke entstanden ist. Und nun ist der Bund der Freien Waldorfschulen auch am Bildungsdialog für Deutschland beteiligt. Nicht nur unterstützend, sondern offenbar aktiv mitgestaltend.

Wie aus der Pressemitteilung des BdFW hervorgeht, sehen sie sich als Mitgestalter und den Bildungsdialog für Deutschland als eine Plattform. Insbesondere da der Fokus des Bildungsdialogs laut eigenen Angaben zunächst auf frühkindlicher und allgemeiner Bildung liegt, sehe ich diese Beteiligung höchst kritisch. Die anthroposophischen Vorstellungen der kindlichen Entwicklung (u.a. Jahrsiebtlehre) sind wissenschaftlich nicht haltbar4 und von Rudolf Steiner vor über 100 Jahren ausgedacht – oder wie es meist heißt: “geschaut”. Diese esoterischen Ideen dürfen keine Grundlage für die Zukunft der Bildung sein.

Die Waldorfschulen machen in Deutschland nur rund 0.8% der Schulen5 und rund 1.06% der Schüler*innen6 aus. Die Waldorfpädagogik hat also nur einen kleinen Anteil an den allgemeinbildenden Schulen in Deutschland. Ich hoffe sehr, dass sie mit ihren anthroposophischen und damit esoterischen Ideen die Zukunft der Bildung in Deutschland nicht maßgeblich mitbestimmen dürfen. Dass dies bereits mit ihren Ansichten zu Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen (mehr dazu in Teil 1 und Teil 2 zum Medienkompass) geschieht ist problematisch genug.

Von allen Beteiligten des Bildungsdialogs für Deutschland wünsche ich mir daher eine äußerst kritische Sicht auf die Vorschläge vom Bund der Freien Waldorfschulen. Ich wünsche mir zudem eine anthroposophie-freie wissenschaftliche Beteiligung.

Wusstet ihr über den Bildungsdialog für Deutschland und die Waldorf-Beteiligung Bescheid? Wie steht ihr dazu? Schreibt es in die Kommentare unten.

Quellen
  1. https://neustart-bildung-jetzt.de/ein-neustart-fuer-deutschlands-bildung-buendnis-aus-94-organisationen-legt-konzept-fuer-einen-bildungsdialog-fuer-deutschland-vor/ ↩︎
  2. https://neustart-bildung-jetzt.de/wie-das-konzept-fuer-einen-bildungsdialog-fuer-deutschland-entstanden-ist/ ↩︎
  3. https://www.waldorfschule.de/artikel/neustart-fuer-deutschlands-bildung-waldorfschulen-engagieren-sich-im-bildungsdialog-fuer-deutschland ↩︎
  4. https://taz.de/Lehrer-ueber-Hamburger-Schulversuch/!5072050/ ↩︎
  5. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/235954/umfrage/allgemeinbildende-schulen-in-deutschland-nach-schulart/ ↩︎
  6. https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=tabelleErgebnis&&selectionname=21111-0001#abreadcrumb ↩︎

Robin Bartels

Robin Bartels, Ende 30, Exwaldi aka negativ von der Anthroposophie betroffen. Schreibt hier über die verschiedenen Themen im Kontext Anthroposophie und über deren eigene Erfahrungen. Auf der Seite "Über mich" gibt es mehr Infos zu Robin.

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